Saison 2014/2015
12.7.2015 | Klassik am Odeonsplatz, München
Carl Orff: Carmina Burana
Münchner Philharmoniker
Philharmonischer Chor München (Einstudierung: Andreas Herrmann)
Dirigent: Krzystzof Urbanski
Süddeutsche Zeitung (Kultur) - Kurzkritik
Prachtvoll
Münchens Philharmoniker auf dem Odeonsplatz
(...) insgesamt sind die Solisten, die Philharmoniker, der Philharmonische Chor und der Kinderchor des Gärtnerplatztheaters hochpräzise bei der Sache; sie reagieren exzellent auf Urbanskis Stringenz und bieten ein eindrucksvolles Konzerterlebnis vor prachtvoller Kulisse. (...)
Münchner Merkur (Kultur) vom 14.7.2015
Ein Programm zum Schwärmen und Wohlfühlen gab's am Sonntag bei Klassik am Odeonsplatz.
FREILUFT-SPEKTAKEL
Klassik am Odeonsplatz: Schwärmen bei Kaiserwetter
München - Rund 8000 Zuschauer lauschten am zweiten Abend von „Klassik am Odeonsplatz“ den Münchner Philharmonikern. (...) In der Pause gab es dann Gelegenheit, dem Gaumen kühlende Labung zu spenden. Und auch die Prominenz, von Stoiber über Ferres bis Spaenle, erquickte sich, bevor sie mit Fanfaren vom Band, Bayreuth-Puristen mussten weghören, zurück auf die Plätze gerufen wurden, um einem ganz großen Münchner zu huldigen: Carl Orff. Am 10. Juli dieses Jahres hätte er seinen 120. Geburtstag gefeiert. Und was wäre zu diesem Anlass unter freiem Himmel passender als seine „Carmina Burana“? Gleich das „O fortuna“ geriet bombastisch, der Philharmonische Chor (Einstudierung: Andreas Herrmann) ließ genussvoll die Kehlenmuskeln spielen.
Eine pünktlich zur zweiten Hälfte aufziehende Brise unterstrich, zusammen mit der einsetzenden Dunkelheit sowie der Illumination der Feldherrnhalle, die fatalistische Stimmung dieses Beginns. Die leisen Sprechgesänge gelangen dem Chor sehr perkussiv, dessen große Stimmqualität nicht zuletzt die hervorragenden Solisten in ihren kurzen Einlagen zeigten. Auch der Nachwuchs, der Kinderchor des Gärtnerplatztheaters (Einstudierung: Verena Sarré), machte seine Sache famos. Krzystof Urbanski entlockte der Partitur Feinheiten, die sonst gerne im Plakativen untergehen. Jazzelemente, Volksmusik oder am Mittelalter orientierte Passagen kamen reizvoll zur Geltung. In den vielen musikalischen Wiederholungen setzte er unterschiedliche Schwerpunkte, zeigte mit den Philharmonikern verschiedene Klangfarben und vermied so Retardation und Langeweile. (...)
AZ (Kultur) vom 14.7. 2015
Klassik am Odeonsplatz
Die Münchner Philharmoniker mit "Carmina Burana" von Carl Orff in der Feldherrnhalle
Gesänge über Wein und Weib: Carl Orffs Kantate „Carmina Burana“ mit den Philharmonikern am zweiten Abend von „Klassik am Odeonsplatz“ (...) die „Carmina Burana“ zum 120. Geburtstag des Lokal-Heroen Carl Orff. Der Philharmonische Chor und der Kinderchor des Gärtnerplatztheaters boten die Gesänge über Wein und Weib mit angemessener Fleischlichkeit. Jochen Kupfer musste sich als betrunkener Abt am Geländer des Dirigentenpults festhalten, in der Kneipenszene schunkelte der von Andreas Herrmann einstudierte Chor. (...) Am Ende gab es eine Wiederholung des „Fortuna“-Chors und ausnahmsweise sogar stehenden Beifall, Bravos und zustimmende Pfiffe.
2./3.7.2015 | Philharmonie am Gasteig, München
Igor Strawinsky: Psalmensymphonie
Anton Bruckner: f-moll-Messe
Münchner Philharmoniker
Philharmonischer Chor München (Einstudierung: Andreas Herrmann)
Dirigent: Kent Nagano
SZ (Kultur) vom 4./5.7.2015
Spannend - Kent Nagano und die Philharmoniker
(...) weil der Chor mit bestechender Disziplin agiert und Strawinskys dichtverwobene Musik, die geheimnisvoll zwischen Kontemplation, Düsternis, rhythmischer Prägnanz, eng gegliederter Kontrapunktik und ruhig wiegendem Fluss changiert, plastisch umsetzt. (...) Diese Aufführung ist beglückend.
MM/tz (Kultur) vom 4./5.7.2015
Der Philharmonische Chor klang ausgesprochen voll und schön.
AZ (Kultur) vom 4./5.7.2015
Der Philharmonische Chor und die Philharmoniker könnten schöner nicht klingen.
29.5.2015 | "Giuseppe Verdi - Messa da Requiem"
Philharmonischer Chor, Münchner Philharmoniker, Lorin Maazel (Sony)
Stereoplay, 06/2015
„Hier wird man Maazel von seiner besten Seite hören: nicht nur als souveränen Könner und Handwerker, sondern auch als wissenden und weisen Musiker. Er nimmt sich zurück, um mit Chor, Orchester und Solisten das große Ganze zu gestalten. Die Münchner Philharmoniker und der Philharmonische Chor München überzeugen gleichermaßen durch Ausdruckskraft und Sensibilität.“
Philharmonischer Chor, Münchner Philharmoniker, Lorin Maazel (Sony) im Vergleich mit Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Mariss Jansons (BR Klassik)
Münchner Merkur (Kultur) vom 29.5.2015
CD-Kritik
Naturereignis kontra Nuancenkunst
Giuseppe Verdis Messa da Requiem in zwei sehr unterschiedlichen Einspielungen mit Mariss Jansons und Lorin Maazel
von Markus Thiel
Reine Gefühlssache, so etwas kann ja enorm täuschen. Doch der Stoppuhren-Vergleich verblüfft dann doch: Nach 11 Minuten, 22 Sekunden erst ist der Introitus vorbei, fast eine Minute später als beim Vorvorvorgänger - ein Riesenabstand. Lorin Maazel, das hätte keiner erwartet, gönnt sich bei Verdis Requiem tatsächlich mehr Zeit als einst Sergiu Celibidache. Es ist eine der langsamsten Aufführungen des Stücks, die damals, im Februar 2014, am Gasteig-Besucher vorbeizog.
Dokumentiert ist Maazels Zeitlupen-Einstellung nun auf CD, eine Aufnahme, die wohl die letzte des im Juli 2014 gestorbenen Stars ist - worüber das Booklet übrigens kein Wort verliert. Der größere Clou ist aber: fast zeitgleich hat die innerstädtische Konkurrenz ihre Requiems-Version von 2013 herausgebracht, der Bayerische Rundfunk mit Mariss Jansons. Auf dem Plattenmarkt, der gesättigt ist mit Einspielungen des Stücks, ein so bizarres wie aufschlussreiches Zusammentreffen.
Müßig zu erwähnen, dass Jansons schneller ist. Aber mehr noch spiegeln sich in den so gegensätzlichen Interpretationen auch Haltungen wider. Hier Maazel, der das Imponiergehabe vergangener Maestro-Zeiten pflegt und an einem marmorkühlen Klangmonument meißelt, dort Jansons, der sich dem opus mit mehr dramatischem Instinkt und Flexibilität nähert - was so weit geht, dass manche Tempi sprunghaft wechseln, so, als seien die Nummern montiert, weniger auseinander entwickelt worden.
Maazels fast provozierend musealer Verdi, der live eher verstörte, offenbart auf CD seine Qualitäten: Im brilliant aufgeputzten Klangbild treten viele Details zutage, einfach, weil sich der Amerikaner dafür Raum gönnte. Und bei allem Grübeln, ob ein derart aufgedonnerter Verdi sein darf, lässt man sich dann doch willig von diesem Naturereignis gefangen nehmen.
Ob Philharmonischer Chor und Münchner Philharmoniker oder Chor und Symphonieorchester des BR auf der anderen Seite - technisch agieren beide Fraktionen auf Augenhöhe. Jansons bleibt im Gegensatz zum Kollegen dichter am Text. Zu hören ist, wie jemand genau über die liturgischen Worte reflektiert hat und darauf mit vielen musikalischen Nuancierungen reagiert. Gelegentlich gestattet sich Jansons auch partiturfremde Extras: Einmal dürfen die Chorbässe effektvoll nach unten oktavieren, an einer anderen Stelle summt ein Teil des Chores, um die geisterhafte Piano-Wirkung zu steigern.
Das geschlossenere Solistenquartett ist bei Jansons zu hören. Krassimira Stoyanova, die ihrem Sopran so ziemlich jede Feinheit abtrotzen kann, überstrahlt Marina Prudenskaja, Saimir Pirgu und Orlian Anastassov. Maazel mutet mit den langsamen Tempi den Stimmen (zu) viel zu. Anja Harteros gestaltet dennoch mit überlegener Finesse, Daniela Barcellona mit opernhaftem Flackern. Wookyung Kim ist in der Tenor-Partie eine Entdeckung. Und so, wie Georg Zeppenfeld die Bass-Soli singt, dürfte das überhaupt noch nicht auf CD gebannt worden sein. Wem den Vorzug geben? Eigentlich müssen beide Aufnahmen her fürs Regal - so viel Lokalpatriotismus darf schon mal sein.
23.5.2015 | Großer Festsal Stadttheater Ingolstadt
Johann Simon Mayr: "Traiano all' Eufrate"
Georgisches Kammerorchester Ingolstadt
Philharmonischer Chor München (Einstudierung: Andreas Herrmann)
Dirigent: Sebastian Tewinkel
Donaukurier - Kultur vom 26.3.2015
Huldigung und Revolutionsmusik
(...) Sebastian Tewinkel leitet das Georgische Kammerorchester und den eindrucksvoll massiv auftretenden Philharmonischen Chor München souverän. Einen vorzüglichen Eindruck hinterließen die drei Gesangssolisten: Agnes Preis mit ihrem hohen, alles überstrahlenden Sopran, Magdalena Dijkstra durch die Natürlichkeit ihrer technisch hervorragend geführten Stimme und Andrew Lepri Meyer durch das warme Timbre seines Tenors. (...) Begeisterter Beifall (...)
10./11./12.4.2015 | Philharmonie am Gasteig, München
Felix Mendelssohn Bartholdy: Elias
Münchner Philharmoniker
Philharmonischer Chor München (Einstudierung: Andreas Herrmann)
Dirigent: Andrew Manze
SZ Kurzkritik (Kultur) vom 13.4.2015
"theatralisch" - "packend musiziert" - präzise gesungen"
MM/tz (Kultur) vom 13.4.2015
Der Philharmonische Chor (...) kommt zu starken Ergebnissen. Trotz der Masse und manchmal grenzwertiger Dezibelzahlen wird nie überreizt, Homogenität und Deutlichkeit bleiben gewahrt.
AZ (Kultur) vom 13.4.2015
Gütiger Prophet
Andrew Manze und die Philharmoniker mit ihrem Chor: Mendelssohns "Elias"
Neben dem Sänger des Elias spielt in Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium der Chor die zweite Hauptrolle. Und mit dem Philharmonischen Chor München ist diese Partie herausragend besetzt. Chorleiter Andreas Herrmann ist mit dieser Einstudierung ein Meisterstück gelungen. Das Gesamtbild erscheint geschlossen, angenehm glatt und dabei stets warm, die einzelnen Stimmen treten fein ausmodelliert und sämtlich gleichberechtigt zusammen. Die Soprane intonieren in der Höhe so mühelos wie die Bässe ein massives Fundament bieten. So ergibt sich ein üppiger, romantischer Klang, der doch immer transparent bleibt (...)
Peter E. Rytz Review vom 14.4.2015
Ein Elias in der Philharmonie im Gasteig mit Einschränkungen
(...) Elias von Felix Mendelssohn Bartholdy ist ein Oratorium, das insbesondere dem Chor einen Teppich ausrollt, auf dem er zeigen kann, was er kann. Der Philharmonische Chor München, von seinem langjährigen Chorleiter Andreas Herrmann hervorragend eingestimmt, nutzte diese Chance mit Bravour. Er war die überzeugende musikalische Kraft des Abends. Die Früchte von Herrmanns Arbeit mit dem Chor fielen den Zuhörern im Gasteig mit differenzierter Klangfülle ins Ohr. Das Dramatische in "Baal, Erhöre uns!" wie auch das Lyrische in "Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen" ließen alle akustischen Probleme für den Moment vergessen.
Hätte der Philharmonische Chor München mit seinen eindrucksvoll zu hörenden temperierten Artikulationen und Abstimmungen zwischen den einzelnen Stimmlagen nicht derart überzeugend gesungen, wäre es nur ein schönes Konzert unter vielen geblieben. Ohne nachhaltig in Erinnerung zu bleiben. So dankte das Publikum dem Chor zu Recht mit jubelndem Applaus.
15./16./18.1.2015 | Philharmonie am Gasteig, München
Johann Sebastian Bach: Auf, schmetternde Töne der muntern Trompeten
Münchner Philharmoniker
Philharmonischer Chor München (Einstudierung: Andreas Herrmann)
Dirigent: Ton Koopman
SZ (Kultur) vom 17./18.1.2015
Das Dramma per musica "Auf, schmetternde Töne der muntern Trompeten" rettet das Philharmoniker-Konzert (...)
MM/tz (Kultur) vom 17./18.1.2015
(...) Das abschließende Drama per musica, komponiert zum Namenstag Augusts III., huldigt dem Sachsenkönig mit einem für heutige Ohren naiven Text und festlichem Klang. Dabei schmetterten die Trompeten, donnerten die Pauken - ganz so, wie der Philharmonische Chor (Einstudierung Andreas Herrmann) es temperament- und klangvoll verkündete. Die Sänger ansprechend: Tilman Lichdis' leichtgängiger Tenor, Klaus Mertens' hell-beweglicher Bass, Wiebke Lehmkuhls klangschöner Alt und der zwitschernde Sopran von Sibylla Rubens. In Haydns "Paukenwirbel-Sinfonie" gefallen schließlich Schwung, deftige Akzente und Witz.
AZ (Kultur) vom 17.1.2015
(...) Am wohlsten fühlt sich Koopman, wenn er das Ensemble vom Orgelpositiv aus leiten kann. In Bachs Kantate "Auf, schmetternde Töne" BWV 207 a gewinnt der der Philharmonische Chor durch die exakte Einstudierung Andreas Herrmanns an wertvoller Sicherheit. Und die Solisten sind erlesen, allen voran der strahlende Tenor Tilman Lichdi und die Mezzosopranistin Wiebke Lehmkuhl, die reinen Wohllaut verströmt. Sibylla Rubens' Sopran ist so schwerelos wie der erfahrene Bassist Klaus Mertens souverän.
27./28./29.11.2014 | Philharmonie am Gasteig, München
Jan Müller Wieland: Egmonts Freiheit oder Böhmen liegt am Meer
Münchner Philharmoniker
Philharmonischer Chor München (Einstudierung: Andreas Herrmann)
Dirigent: Jan Müller Wieland
(Uraufführung)
SZ (Feuilleton) vom 29.11.2014
Chor der Ungeborenen
„Egmonts Freiheit“ von Jan Müller-Wieland uraufgeführt
(...) der Musik und ganz zentral dem Chor fällt die Aufgabe zu, eine ästhetische Überhöhung zu schaffen, den ganzen Textmüll in eine matt schimmernde Skulptur zu verwandeln, aus vielen versprengten Silben, Vokalen, Sinnfetzen einen Gesang der Parzen zu zaubern, (...)
Helmut Mauró
MM (Kultur) vom 29./30.11.2014
Ein unaufhaltsamer Fluss
Die Uraufführung von "Egmonts Freiheit" mit den Philharmonikern
Als Shakespeare 1611 in "The Winter`s Tale" konstatierte, "Böhmen liegt nicht am Meer", war das nicht Ausdruck geografischer Verwirrung - sondern märchenhafte, charmante Allegorie. Ingeborg Bachmann deutete diese Vorlage 1964 nach einer Reise in die CSSR im Vorfeld des Prager Frühlings in ihrem gleichnamigen Gedicht zu einem Hoffnungsszenario um, das dem Sozialismus einen humanistisch geprägten Freiheitsbegriff zuordnet.
"Egmonts Freiheit oder Böhmen liegt am Meer" heißt das monumentale Werk, das die Münchner Philharmoniker in Auftrag gegeben hatten. Die Uraufführung fand jetzt in der Philharmonie statt.
Jan Müller-Wieland dirigierte sein Werk, die Münchner Philharmoniker spielten, der Philharmonische Chor München und die Sopranistin Claudi Barainsky (Klärchen) sangen, Friedemann Winklhofer versah die Orgel und Klaus Maria Brandauer sprach.
Goethes Trauerspiel "Egmont" bildet dazu ein dramatisches Tableau, unterfüttert mit Texten von Grillparzer, Trakl, Kraus, Bachmann und Roth. Die Textauswahl, die der Komponist vorgenommen hat, mündet in eine sprachvielfältige Textcollage, die Brandauer mit Leben erfüllte.
Hier Egmont und die Frage, wie viel Idealismus und Freiheitsdrang rechtfertigt wie viel Gewalt, was in der Frage nach dem Gerechten Krieg mündet - einem leider aktuellen Thema. Und: WIe viel macht hat der Ungehorsam? Dort "Böhmen liegt am Meer", als Missverständnis und "Großmachtsfantasie" eingeworfen und am Ende wieder zurückgedeutet zum Ausdruck von Hoffnung und Freiheit in Pluralität.
Die Musik findet von Anfangs kurzatmigen Bögen zu einem unaufhaltsamen Fluss. Text und Musik treffen sich in geräuschhaften Überlappungen. Expressionistische Gestaltungsmittel lassen grüßen, prallen auf archaische, insistierende Passagen. Seltene, situationskomische Elemente sind dagegen verzichtbar. Ein bemerkenswertes Werk, das sich in seiner Bruchstückhaftigkeit erst in der Retrospektive vollständig erschließt.
Deutschlandfunk vom 28.11.2014
Tiroler Tageszeitung online vom 29.11.2014
Jan Müller-Wieland dirigiert seine Komposition „Egmont oder Böhmens Freiheit liegt am Meer“ in München.
(...) der Philharmonische Chor München bewältigt seine Aufgaben, von gehetztem Keuchen bis grobem Brüllen, mit Bravour. (...)
Jörn Florian Fuchs
Spiegel online (Kultur) vom 4.12.2014
Heute in den Feuilletons
Musik, 04.12.2014
Mit den (...) Stücken "Egmonts Freiheit oder Böhmen liegt am Meer" und dem "König der Nacht" schließt Jan Müller-Wieland an die Tradition des Melodrams des 19. Jahrhunderts sehr gegenwärtig an, beobachtet Christian Wildhagen in der FAZ voller Spannung: Der Komponist "belebt die totgeglaubte Form des 'Sprechens in Musik' und stellt damit auch das Verhältnis zwischen Worten und Tönen auf eine neue Grundlage. Das Ergebnis sprengt gewohnte Gattungs- und Ausdrucksgrenzen, ohne aber das Wissen um die Traditionen zu verleugnen: Es ist eine szenisch wirkende Musik mit ausgeprägtem Bekenntnischarakter, die keine Bühne mehr braucht, weil Theater, Oper und Konzertsaal in eins fließen." Und das hält Wildhagen auch unter heutigen Bedingungen für revolutionär.
07.09.2014 | Regentenbau Bad Kissingen, Max-Littmann-Saal
Johann Ritter von Herbeck: Große Messe e-moll
Philharmonie Festiva
Philharmonischer Chor München (Einstudierung: Andreas Herrmann)
Dirigent: Gerd Schaller
Mainpost vom 09.09.2014 und inFranken.de vom 08.09.2014
Ein himmlisches Vergnügen
von Peter Klopf
Der "Ebracher Musiksommer" begeisterte im Regentenbau mit einer musikalischen Wiederentdeckung, der Großen Messe des Romantikers Johann von Herbeck. Philharmonie Festiva und Philharmonischer Chor München brillierten.
-- Einfach einzigartig, wie der Philharmonische Chor München und die Philharmonie Festiva unter der musikalischen Leitung von Gerd Schaller die "Große Messe e-Moll" von Johann von Herbeck aufführten. --
Bad Kissingen — Seit Jahren ist das Musikfestival "Ebracher Musiksommer" nicht nur im Ebracher Kaisersaal und in der Bamberger Konzerthalle, sondern auch im Großen Saal des Bad Kissinger Regentenbaues zu Gast. Zweifelsohne zählt der "Ebracher Musiksommer" zu den musikalischen Attraktionen Frankens und darüber hinaus. So waren auch dieses Mal über 1000 Zuhörer aus der Region zwischen Bamberg, Erlangen, Kitzingen und Würzburg angereist, um die Philharmonie Festiva, unter der musikalischen Leitung von Gerd Schaller, zu hören.
- Barockspezialisten -
Die Philharmonie Festiva ist ein Symphonieorchester, das 2008 vom Dirigenten Gerd Schaller ins Leben gerufen wurde. Die Kernbesetzung bilden die Musiker der Münchner Bachsolisten, eines Solistenensembles, welches auf eine lange Tradition, insbesondere im Bereich des barocken Repertoires, zurückblicken kann. Wer das Orchester einmal gehört hat, ist begeistert von dem Orchester und seiner Musik.
- Schon der Auftakt ein Glanzpunkt -
So war es auch jetzt beim Konzert im Großen Saal. War schon Wolfgang Amadeus Mozarts Ouvertüre zu "Die Hochzeit des Figaro" ein Glanzpunkt, so fügte Olga Pogorelowa (Violine) mit Mozarts "Violinkonzert A-Dur" KV 219 einen weiteren Höhepunkt hinzu. Mit feinfühliger Interpretation, zartem Geigenstrich im piano und kraftvoll im fortissimo begeisterte sie auf Anhieb durch ihre elegante Auslegung des Werkes.
Wer geglaubt hatte, dass dieses Glanzstück nicht mehr zu toppen sei, der wurde nach der Pause eines Besseren belehrt. Mit dem Philharmonischen Chor München und seinen 72 Sängern betrat einer der führenden Konzertchöre Deutschlands und Partnerchor der Münchner Philharmoniker die Bühne. Gemeinsam mit der Philharmonie Festiva intonierte er die Wiederentdeckung einer romantischen Messe des 19. Jahrhunderts, nämlich die "Große Messe e-Moll" für Chor, Orgel und Orchester von Johann von Herbeck (1831-1877).
- Festliche Komposition -
Gleich zu Anfang wird der festliche Charakter der Komposition offenkundig. Plagale Wendungen prägen das archaisch anmutende Kyrie. Das Christe kontrastiert in einem bewegteren Zeitmaß. Das Gloria hebt in strahlendem C-Dur an, Chor und Orchester beginnen ein klangvolles Wechselspiel im Sinne einer Mehrchörigkeit.
Nach dem Anfangsjubel und der kontemplativen Ausdeutung des "Agnus Dei, qui tollis peccata mundi" beschließt eine kontrapunktisch fein ausgearbeitete Fuge das Gloria. Das kraftvolle Credo startet mit einem charakteristischen Glaubensmotiv, das als Motto immer wiederkehrt.
Die Chorstimmen werfen sich die verschiedenen Glaubensinhalte gegenseitig zu. Einen besonderen Höhepunkt bedeutet das im Chor mehrfach geteilte "Et incarnatus est". Geburt, Leiden und Sterben werden innig und konzentriert dargestellt. Die Auferstehung wird plötzlich und unvermittelt geschildert, in festlichem Glanz erscheint die Wiederkunft.
Die einzelnen Textpassagen werden immer wieder gemäß ihrer Spezifität behandelt und entsprechend detailliert herausgestellt. Mit mehrmaligen Credo-Rufen am Ende dieses Messteiles wird der Bogen zum Beginn geschlagen.
Die konzentrierte und festliche Kompositionsweise Herbecks zeigt sich auch im meditativ gehaltenen Sanctus, das mit einem "Andante religioso" beginnt. Für das Benedictus ist traditionsgemäß während der Messe mehr Zeit vorgesehen. So schafft Herbeck im Sinne einer mehrchörigen Gegenüberstellung von Damen- und Herrenchor eine längere und erneut feinsinnige Betrachtung.
Das abschließende Agnus Dei besitzt einen Apassionata-Charakter. Durch das Hinzutreten einzelner Chorstimmen türmt sich ein Klanggebäude auf. Schließlich klingt die Messe mit der Bitte nach Frieden sanft aus.
Andreas Herrmann hatte die Messe mit dem Chor einstudiert, die Orgel spielte Wieland Hofmann. Mit einer einzigartigen Interpretation erzeugte der Chor stimmungsvolle Klangwelten die beeindruckten und bezauberten. Mit unbeschreiblicher Brillanz fügten Chor und Orchester dem Konzert einen alles überragenden Glanzpunkt hinzu.
- Begeisterter Applaus -
Mit Bravorufen und lang anhaltendem begeisterndem Applaus dankten die Zuhörer für den einzigartigen Konzertgenuss. Das Konzert wurde vom Bayerischen Rundfunk aufgezeichnet und wird demnächst in BR Klassik zu hören sein.
Bachtrack.com vom 9.9.2014
A rare chance to hear Herbeck's Great Mass at Bad Kissingen
Von Ken Ward
Bad Kissingen is a very attractive spa town, still very active as a place of convalescence and cure. Like many such places it affords a variety of opportunities for entertainment to enhance the life of the inmates of its many sanatoriums, and for the tourists drawn to the beauty of the town and its surroundings. It boasts a splendidly beautiful concert hall, the Regentenbau, (Regency Building), with a bright acoustic, the venue for concerts and festivals throughout the year. This concert, part of the Ebrach Summer of Music, was packed out, even though the main work was the nowadays almost totally unknown Great Mass in E minor by Johann Ritter von Herbeck.
Gerd Schaller and the Philharmonie Festiva (an orchestra he formed in 2008 with the Munich Bach Soloists and musicians from other leading Munich orchestras) set off in sprightly fashion with the overture to The Marriage of Figaro - Mozart full of vitality and without a cloud in the sky. The soloist in the violin concerto, Olga Pogorelova, was for ten years the leader of the Staatsorchester Darmstadt, and is currently the first woman to hold the position of leader with the Wuppertal Symphony Orchestra. As one had reason to expect from such a player, she gave a superb account of the Mozart’s Violin Concerto no. 5 in A major, a performance of intelligence and authority – and great beauty. She demonstrated a generous ability to interact with her fellow musicians, playing along with the orchestra occasionally when not active as soloist, but then, when making her first entry, that unexpected soaring six bar Adagio, the choice of the concert’s title - Heavenly - was suddenly justified.
There was much else in her performance to enjoy – I was particularly taken by the rapt close of the cadenza in the Adagio, and the beguiling inflection of the Minuet Rondo theme with which she opened the closing movement. The orchestra, which had not provided quite the same lightness and brightness of articulation as the soloist, nevertheless gave a good thumping account of the ‘Turkish’ music interlude.
The name of Herbeck is known to us, if at all, as the man who rediscovered and first performed Schubert’s Unfinished symphony, and as a promoter of Anton Bruckner and his music, scheduled to conduct the first performance of Bruckner’s Third Symphony - but whilst rehearsing Beethoven’s Ninth a few weeks before collapsed and died of pneumonia at the age of 46. Bruckner then found himself obliged to conduct his symphony’s première –one of the biggest disasters of his life. Herbeck had been a very active conductor and composer, bringing first performances of Wagner and Verdi to Vienna, and composing choral works, songs, string quartets, masses, symphonies, stage works and much else. His Great Mass in E minor was well-received at its first performance in 1866, regarded as the most significant such work since Schubert.
The work opens with unaccompanied basses intoning Kyrie eleison, thereafter the other voices join, and the music builds with gently moulded phrases in the choir and melancholy accompanying phrases from horn and woodwind. The whole section comes to a passionate climax before fading away to leave the impression of a beautifully shaped and proportioned movement. It is a striking beginning, and the mass also has a very moving ending as the plea for peace – Dona nobis pacem – dies away beneath a breath-taking descending flute solo. The Agnus Dei had also built to a passionate climax fortissimo climax at misere nobis underpinned by a sudden drum roll – very dramatic, though not with the unsettling power of the military music that invades the Agnus Dei of Beethoven’s Missa Solemnis.
The movements between that haunting opening and the melancholy close were similarly well-crafted with many impressive moments – a strong fugue in the Gloria, at Cum sancto spiritus, the parts and the machinations of which Gerd Schaller and his performers brought out with remarkable clarity; the succinct account of Christ’s life in the Credo, from Et incarnatus est to his crucifixion and burial, was wonderfully evocative, the soft words of the choir given special atmosphere by sustained notes on woodwind and horn. The Munich Philharmonic Choir had been magnificent throughout, each section strong and well matched with the others. There are no soloists in this work, so it is for the choir to carry the full narrative of the mass, and they provided choral singing of the highest quality, for which much credit must go to Andreas Herrmann who was responsible for the choral rehearsals.
The performance was greeted with enthusiastic applause, and it was certainly very interesting to hear this work composed at the same time as Bruckner’s three great masses. There is something in Bruckner’s compositions that speaks with a wilder, more passionate voice, always extending the emotional boundaries to the limits that the form will sustain; Herbeck’s mass is somewhat more restrained, less modern, maybe a little too comfortable, but always well-crafted and beautiful to listen to. There is cause for much gratitude to Gerd Schaller and the Ebrach Summer of Music, and to Bavarian Radio, that they gave us the very rare chance to hear this work. It would be equally interesting to investigate other works by this now almost forgotten composer – especially the Symphony no. 4 for orchestra and organ, and Symphonic Variations, given special mention in the programme notes.